Die Quote: Wie das grüne Erfolgsmodell funktioniert

Im Bild zu sehen sind (v. li. nach re.: Carin Walther, Kreisdelegierte LAG-Frauenpolitik, Bärbl Mielich (Staatssekretärin), Carmen Kremer (Sprecherin LAG-Frauenpolitik), Veronika Wäscher-Göggerle (Frauen- und Familienbeauftragte des Landkreises)

Die Frauenquote ist ein Alleinstellungsmerkmal unse­rer Partei und ein Erfolgsschlager der grü­nen Geschichte. Sie bricht patri­ar­cha­le Strukturen auf und schafft Strukturen, die Frauen ermu­ti­gen, bei uns mit­zu­wir­ken. Die aktu­ell und seit lan­gem geführ­te Diskussion um Frauenquoten in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zeigt: Wir waren und sind damit Vorreiter*innen auf die­sem Gebiet.

Änderung der Satzung inklusive Frauenstatut

Mit den aktu­el­len Änderungen unse­rer Satzung inklu­si­ve des Frauenstatuts auf der Bundesdelegiertenkonferenz im November 2019 in Bielefeld gehen wir einen ers­ten Schritt, um der geschlecht­li­chen Vielfalt auch in den Statuten unse­rer Partei Rechnung zu tra­gen und bekräf­ti­gen zugleich das Prinzip der Mindestquotierung für Frauen.

Wir stel­len klar, dass von dem Begriff Frauen all die­je­ni­gen Personen erfasst wer­den, die sich selbst so definieren.

Offene Plätze für Menschen aller Geschlechter

Unsere Satzung besagt nun, dass es Plätze für Frauen und Plätze für alle Kandidierenden unab­hän­gig von ihrem jewei­li­gen Geschlecht gibt. Damit stel­len wir nun auch in unse­rer Satzung und im Frauenstatut klar, dass die “offe­nen Plätze” kei­ne “Männerplätze” sind, son­dern Menschen aller Geschlechter offen­ste­hen. Dies gilt ana­log für bei­spiels­wei­se Redelisten oder die Besetzung von Gremien.

Frauenplätze bei Gremienwahlen (nicht bei Listenwahlen) kön­nen nicht durch eine Person eines ande­ren Geschlechts besetzt wer­den. Wenn Frauenplätze nicht mit einer Frau besetzt wer­den kön­nen, weil sich kei­ne Frau fin­det oder eine Frau nicht gewählt wird, blei­ben die­se Plätze bis zur nächs­ten Wahlversammlung unbe­setzt. Bei Listenwahlen gibt es ein geson­der­tes Verfahren, wel­ches unten erläu­tert wird.

Wie funktioniert nun aber die Frauenquote?

Grundsätzlich gilt, dass die unge­ra­den Plätze den Frauen vor­be­hal­ten sind.

Listenaufstellungen

Laut unse­rer Satzung sind alle unge­ra­den Plätze Frauenplätze, dem­nach dür­fen auch nur Frauen auf Platz 1, 3, 5 und so wei­ter kan­di­die­ren. Die Wahlverfahren sind so zu gestal­ten, dass getrennt nach Positionen für Frauen und Positionen für alle Bewerber*innen (offe­ne Plätze) gewählt wird. Reine Frauenlisten und Frauengremien sind mög­lich. Sollte sich kei­ne Frau fin­den, die auf Platz eins antre­ten will, bleibt der Platz unbesetzt.

Über die Besetzung des offe­nen Platzes ent­schei­det die gesam­te Wahlversammlung, also nicht nur die Frauen der Versammlung. Das ist wich­tig, denn für die­se Situation und ihre Lösung ist ja die gesam­te Partei ver­ant­wort­lich. Das glei­che gilt, wenn zwar eine Frau auf Platz 1 kan­di­diert, aber nicht gewählt wird. Auch hier bleibt der Frauenplatz unbesetzt.

Über die Besetzung des offe­nen Platzes ent­schei­det auch hier die Versammlung. Nur bei Wahllisten kann die Wahlversammlung den Frauenplatz frei­ge­ben. Die Frauen der Wahlversammlung haben dazu aber ein Vetorecht. Das heißt: Vor der Beschlussfassung der Versammlung, den Platz für einen Mann zu öff­nen, kann dies durch die Mehrheit der Frauen der Versammlung ver­hin­dert werden.

Ist das Veto erfolg­reich, kann die Öffnung des Frauenplatzes erst auf der nächs­ten Wahlversammlung (zu der wie­der frist­ge­recht ein­ge­la­den wer­den muss) durch­ge­setzt wer­den. Das Vetorecht kann nur ein­mal in einer Sache wahr­ge­nom­men wer­den. Anstelle den zu beset­zen­den Frauenplatz zu öff­nen, kann die­ser aber auch bis zur nächs­ten Wahl (oder wenn mög­lich) bis zur nächs­ten Versammlung unbe­setzt blei­ben und dann gewählt werden.

Versammlungen

Präsidien und Versammlungsleitungen sind im Sinne der Mindestquotierung zu beset­zen. Frauen füh­ren somit min­des­tens 50% der Versammlung. Nur so schaf­fen wir Sichtbarkeit der Frauen in den eige­nen Reihen und geben so auch ein öffent­li­ches Vorbild, was min­dest­quo­tier­te Teilhabe anbelangt.

Redelisten

Redelisten wer­den getrennt geführt, das heißt es gibt eine Redeliste für Frauen und eine für Personen aller Geschlechter. Frauen und Personen auf der offe­nen Liste reden abwech­selnd. Mindestens jeder zwei­te Redebeitrag ist somit Frauen vor­be­hal­ten. Wenn kei­ne Frauen mehr auf der Redeliste ste­hen, aber noch Personen der offe­nen Redeliste spre­chen wol­len, sind die Frauen der Versammlung zu fra­gen, ob die Debatte fort­ge­setzt wer­den soll oder nicht.

Gremien

Alle Parteigremien und Gremien, die von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN beschickt wer­den, sind min­dest­quo­tiert zu beset­zen (die ein­zi­ge Ausnahme bil­det die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik).

Frauenabstimmung und Vetorecht

Frauenvotum

Das Frauenvotum ist eine Abstimmung unter Frauen und hat das Ziel her­aus­zu­fin­den, wie die Mehrheit der anwe­sen­den Frauen zu einer Vorlage steht. Es ist nicht bindend.

Frauenveto

Die Mehrheit der Frauen einer Versammlung hat ein Vetorecht. Das heißt, sie kön­nen eine Vorlage ableh­nen, auch wenn sich bei der Gesamtversammlung eine Zustimmung zu der Vorlage abzeich­net. Dieses Veto wird vor der Abstimmung durch­ge­führt und hat auf­schie­ben­de Wirkung. Auf der nächs­ten Versammlung kann das Anliegen wie­der ein­ge­bracht und ver­ab­schie­det wer­den, wenn es die Mehrheit der Gesamtversammlung fin­det. Ein wei­te­res Veto in der­sel­ben Sache ist nicht möglich.

Carin Walther, 27.12.2019

Delegierte der Bodenseekreisgrünen zur Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) FrauenPolitik

Quellen: LAG-FrauenPolitik Stuttgart, Bündnis 90/Die Grünen Bundesverband