Besuch in Bad Saulgau, der Landeshauptstadt der Biodiversität 12. Mai 202322. Mai 2023 | Grüner Admin Abb.: Teilnehmer*innen am Rundgang im NaturThemenPark Bad Saulgau, 28.04.2023 Das praxisnahe Konzept gegen den Verlust der biologischen Vielfalt Verfasser: Johannes Übelhör, Mastorter Str. 2, 88069 Tettnangmit Unterstützung von Amelie Pfeiffer (Praktikantin Freiwilliges Ökologisches Jahr) und Thomas Lehenherr, Umweltbeauftragter, Stadt Bad Saulgau 18 Kommunalpolitiker*innen und kommunalpolitisch Interessierte von Bündnis 90 / Die Grünen aus den Landkreisen Ravensburg, Sigmaringen und dem Bodenseekreis haben sich am Freitag den 28.04.2023 das Bad Saulgauer Biodiversitätskonzept vom Thomas Lehenherr, Umweltbeauftragter der Stadt Bad Saulgau erläutern lassen. Eingeladen dazu haben die Fraktion B90/Die Grünen/ÖDP im Regionalverband Bodensee-Ober- schwaben sowie die Fraktion B90/Die Grünen im Kreistag Bodenseekreis. Im Zuge ihrer politischen Tätigkeit haben sich insbesondere die Mitglieder der Fraktion des Regionalverbandes intensiv mit den Regionalen Grünzügen und der Biodiversität beschäftigt – dies insbesondere unter dem Blickwinkel der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts (Klima, Luft, Boden, Wasser) und der biologischen Vielfalt (Flora, Fauna, Biotope) sowie der Sicherung von Gebieten für den vorbeugenden Hochwasserschutz. Johannes Übelhör, Vertreter für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Verbandsversammlung des Regionalverbandes und Kreisrat im Bodenseekreis begrüßte die Teilnehmer*innen aus dem Württembergischen Allgäu, dem schwäbischen Oberland und von der östl. bis westlichen Bodensee- region. Er erläuterte kurz die Anstrengungen im Rahmen der Beratungen zur Fortschreibung des Regionalplanes und stellte den Zusammenhang zu Biodiversität – Arten- und Klimaschutz her. Seit 1992 ist Thomas Lehenherr, Umweltbeauftragter der Stadt Bad Saulgau, für das Thema Bio- diversität, Artenschutz in der Stadt Bad Saulgau verantwortlich. Die Pionierarbeit der Stadt Bad Saulgau hat seitdem mehrere landes‑, bundes- und europaweite Auszeichnungen erhalten. Das Bad Saulgauer Biodiversitätskonzept erfährt zwischenzeitlich bundesweite Aufmerksamkeit und wird bereits von über 200 Gemeinden nachgeahmt. Naturlehrpfade und Naturwanderwege, Gewässerrenaturierung, Biotopanlagen, Umwandlung von Einheitsgrün in artenreiches Grün, der NaturThemenPark sind die fünf Säulen des Bad Saulgauer Biodiversitätskonzeptes. Diese werden begleitet von Öffentlichkeitsarbeit im Internet, in Fachzeit- schriften, im Stadtjournal 1x wöchentlich, durch Vorträge, einer Gartenfibel, die derzeit als 4. Auflage vorbereitet wird, jede Menge weiteren Infoflyern und wissenschaftlicher Begleitung durch die Uni Hohenheim. Dies immer im Kontext des Ziels Umweltbildung in Kooperation mit Schulen, Kindergärten, dem Schülerforschungszentrum etc. Für die Stadt Bad Saulgau ist das Biodiversitätskonzept zwischenzeitlich ein wesentlicher touristischer und wirtschaftlicher Faktor. Während in früheren Zeiten Parkrasen zig-mal pro Jahr gemäht wurde, werden die heutigen artenreichen Blühwiesen nur zweimal im Jahr gemäht. Der Mineraldünger‑, Pestizideinsatz wurde auf null zurückgefahren, die Wechselbepflanzung wurde ebenfalls auf null reduziert, es werden nur noch dauerhafte Stauden gepflanzt. Damit spart die Stadt Bad Saulgau eine ganze Menge Geld. Zudem konnten teilweise städtische Flächen in das Ökokonto der Stadt gebracht werden. Gleichzeitig freuen sich Insekten, Laufkäfer und Bürger an der Blüten‑, Biotop und Insektenvielfalt. Staudenbepflanzungen, geöffnete Bodendeckerrosen, schmalkronige, ökologisch hochwertige Bäume, 60–70% heimische Stauden, 30–40% nicht heimische, aber insektenfreundliche Stauden zur Überbrückung von Blühpausen, Blumenkästen in der Stadt mit essbaren Pflanzen, Unterstützung von Politik, Verwaltung und Bürger*innen sind neben sehr hohem Fachwissen und Engagement die wesentlichen Elemente, die das Biodiversitätskonzept tragen und zum Erfolg führen. Neben dem obigen „geordneten Biodiversitätsprinzip“ hält Thomas Lehenherr das Entstehen einer Urwüchsigkeit für sehr wichtig. Mit dem Biber hat er hier einen „Partner“ und ökologisch orientierten „Landschaftsarchitekten“ gefunden, da Dieser teilweise Dinge macht, wie z.B. das Aufstauen und „Unterbrechen“ von Fließgewässern, die das Landratsamt nie genehmigen würde. Das nächste große Projekt „ein Praxisnetzwerk für biologische Vielfalt“ ist bereits vor wenigen Wochen begonnen worden. In diesem wird das Bad Saulgauer Wissen zum Thema Biodiversität im Internet – https://www.bad-saulgau.de/tourismus/natur/praxisnetzwerk/ – veröffentlicht, mit dem Ziel, weiteren Nachahmern auf dem Weg zum Einstieg zu einer größeren Artenvielfalt zu helfen. Denn eines ist klar, so Thomas Lehenherr „dieser Weg ist alternativlos, wenn wir den Verlust der biologischen Vielfalt, die neben dem Klimawandel die größte Herausforderung für die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten darstellt, bekämpfen wollen“. Nach einem ca. 2 stündigen Vortrag mit regem Austausch wurde den Teilnehmer*innen eine Teilstrecke des wunderschönen NaturThemenParks gezeigt. Praxisnah und lebensecht konnten sich die Teilnehmer*innen über heimische Wildtiere, die Vogelwelt und Gewässer informieren. Als besonderer Höhepunkt konnte zweimal ein Biber gesichtet werden. Insgesamt drei Stunden sind an dieser beeindruckenden, begeisternden und Mut machenden Veranstaltung wie im Flug vergangen. Mit großem Applaus und kleinem Geschenk gaben die Teilnehmer*innen ihren Dank und ihr Anerkennung an Herrn Lehenherr weiter, verbunden mit dem Zusatz „ein wahrer Leuchtturm und Pionier!“